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Das DVG ist da!

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Rechtsanwalt in Frankfurt
 

Das "Gesetzes für eine bessere Versorgung durch Digitalisierung und Innovation (Digitale-Versorgung-Gesetz – DVG)" ist im Bundesgesetzblatt Teil I Nr. 49 am 18.12.2019 verkündet worden und damit seit dem 19.12.2019 in Kraft. Das DVG ist ein Änderungsgesetz, das vor allem das SGB V ändert (das die gesetzliche Krankenversicherung betrifft). Außerdem enthält es Änderungen des SGB XI (Pflegeversicherung) und anderer Gesetze und Verordnungen, die das Gesundheitswesen betreffen, aber die Änderungen des SGB V sind der wesentliche Inhalt des Gesetzes.

Das Gesetz soll helfen, die Digitalisierung ins deutsche Gesundheitswesen zu bringen – ein sehr begrüßenswerter politischer Zweck. Es ist beeindruckend, wie schnell das Gesetz erlassen worden ist: Seit dem ersten Entwurf sind nicht einmal acht Monate vergangen.

Das DVG hat dabei vor allem folgende Regelungsbereiche:

ePA & Co.

Arztbriefe, Rezepte, AU-Bescheinigungen – das deutsche Gesundheitswesen ist immernoch sehr papierbasiert. Das soll sich ändern, indem Apotheken, Ärzte und alle anderen Leistungserbringer im Rahmen des DVG verpflichtet werden, "online zu gehen", sprich, sich in die Telematikinfrastruktur (TI) der Gematik zu integrieren. Wer trotzdem nicht mitmacht, muss insofern leiden, als er einen Zwangs-Abschlag auf die Vergütung aus der gesetzlichen Krankenversicherung dulden muss. Die Daten, die durch die TI besser verfügbar werden, sollen auch besser genutzt werden - zum einen von den Krankenkassen, zum anderen in der Forschung. Weitere Regelungen zur elektronischen Patientenakte bleiben allerdings einem (oder mehreren) zukünftigen Gesetz (oder Gesetzen) vorbehalten.

Telemedizinische Anwendungen

Ärzte sollen auch mehr online für den Patienten da sein und nicht nur in ihrer Arztpraxis. Auf Basis der TI sollen versicherte im Rahmen von Videosprechstunden authentifiziert werden. Sie sollen auch telemedizinische Konsilien durchführen, das sind sozusagen Konferenzen zwischen Ärzten verschiedener Fachrichtungen, um dem Patienten möglichst zu ersparen, bei jedem (Fach-) Arzt einzeln vorstellig zu werden, und um z.B. Patienten in ländlichen Gebieten so zu ermöglichen, über denselben Hausarzt auch auf Fachärzte zuzugreifen. Auch die Krankenkassen sollen telemedizinische Anwendungen aktiv fördern, und entsprechende Zielbestimmungen in ihre Satzungen aufnehmen.

Apps & mehr

Digitale Innovationen sollen forciert und gefördert werden. Zum einen sollen damit die gerade beschriebenen Digitalisierungsmaßnahmen praktisch umgesetzt werden, zum anderen können jetzt auch bestimmte digitale Medizinprodukte einfach verschrieben werden – und die Kosten dafür im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung erstattet. Solche "Medizin-Apps", die in einem besonders schnellen Verfahren (“Fast-Track”) vom BfArM auf Qualität, Datenschutz und -Sicherheit und "positive Versorgungseffekte" überprüft werden, werden dann in eine Liste beim BfArM aufgenommen und heissen dann "Digitale Gesundheitsanwendungen" (DiGA). Den DiGA und dem “Fast-Track-Verfahren” wollen wir einen eigenen Blog-Beitrag in naher Zukunft widmen. Der Gesetzgeber hat hier eine (Legal-) Definition für digitale Gesundheitsanwendungen geschaffen. Natürlich gibt es viel mehr digitale Gesundheitsanwendungen, nur sind das eben zukünftig nicht solche im Sinne des Gesetzes. Bei digimeda.de gibt es z.B. eine weit umfangreichere Liste.

Förderung & neue Rolle der Krankenkassen

Innovationen sollen in erster Linie durch die Krankenkassen gefördert werden. Dabei sollen die Krankenkassen mit Wirtschaftsunternehmen zusammenarbeiten, um digitale Innovationen zu entwickeln. Solche digitalen Innovationen können einerseits DiGA sein, andererseits auch andere Anwendungen, die keine DiGA sind, z.B. Anwendungen für telemedizinische Dienste. Innerhalb der Krankenkassen sollen Daten ausgewertet werden, um "Versorgungsinnovationen" zu entwickeln, d.h. auf deren Basis die Versorgung der Versicherten zu verbessern. Und der Innovationsfonds beim Gemeinsamen Bundesausschuss (IF) wurde im Rahmen des DVG bis 2024 verlängert. Über den IF können mit stattlichem finanziellen Volumen (200 Mio. Euro pro Jahr) Forschungsprojekte zu neuen Versorgungsformen und in der Versorgungsforschung gefördert werden.

Ausblick

Sicherlich werden die Änderungen im DVG dazu beitragen, dass das deutsche Gesundheitssystem digitaler wird. Abzuwarten bleibt, wie die Krankenkassen ihre gewünschte Rolle als Innovationstreiber in diesem Bereich annehmen werden. Raum für Innovation ist schließlich auch (und vielleicht überwiegend) außerhalb der Krankenkassen. Jedenfalls wird die Zusammenarbeit mit den Krankenkassen im Bereich der digitalen Innovationen wichtiger. Hoffentlich werden Innovationen auch grenzübergreifend anwendbar und bleiben nicht nur auf das deutsche Gesundheitssystem begrenzt. Und hoffentlich werden die durch die Digitalisierung geweckten Hoffnungen nicht durch Datenskandale erschüttert, und der Spagat zwischen datenbezogener Freiheit und (öffentlichem) Interesse an der Nutzung großer Mengen von Gesundheitsdaten gelingt zum gegenseitigen Vorteil.

Gesprächsbedarf?

Als fingolex-Anwälte beraten wir Digital-Health-Unternehmen zu allen mit DiGA, sonstigen Innovationen und Förderung verbundenen Fragen.